Sizilianische Mütter fragen dich nicht “come stai?” (wie geht’s dir), sondern “mangiasti?” (hast du gegessen). Es ist eigentlich egal, ob du schon gegessen hast, denn essen musst du bei ihnen trotzdem. Vorher hören sie nämlich nicht auf zu fragen wann, wo und was du zuletzt gegessen hast. Ich glaube dahinter verbirgt sich die Sorge, dass das Kind ja möglicherweise verhungern könnte! Damit das in keinem Falle passiert, wird natürlich immer ordentlich aufgetischt. Als ich neulich bei meinen Eltern zum Mittagessen war, wurde ich dementsprechend gut gemästet. Als ich dann bei der Verabschiedung meine Mutter gefragt habe, ob sie mir eine Handvoll Lorbeerblätter mitgeben könne, verschwand sie kurz in der Küche und kam mit einer vollgepackten Tüte zurück. Eingepackt hat sie ein großes Stück Frittata, ein noch größeres Stück Pecorino, Tomatensoße für mindestens 4 Personen, Kuchen und Lorbeerblätter. Ganz viele Lorbeerblätter. Gefühlt 1 kg Lorbeerblätter.
Zu Hause angekommen, habe ich mir dann einen “canarino” gemacht, denn diesen habe ich echt gebraucht. Es handelt sich um einen sizilianischen Tee aus Lorbeerblatt und Zitronenschale, die dem Getränk die charakteristische gelbe Farbe verleiht und von der sich der Name ableitet: Gelb wie ein Kanarienvogel. Der Tee wirkt gegen Völlegefühl, ist verdauungsfördernd und beruhigt den Magen im Falle von Übelkeit. Unabhängig davon trinke ich ihn sehr gerne, da schon bei der Zubereitung in der Küche ein wunderbarer Duft entsteht.
Wenn du bei einer sizilianischen Mutter zu Besuch sein solltest, rate ich dir es einfach über dich ergehen zu lassen. Denn Gegenwehr ist sinnlos. Danach hilft nur eins: Abwarten und Tee trinken. ;-)
Euer Antonio.